Die Digitalisierung der Wirtschaft: So geht es Deutschland

Die Digitalisierung der Wirtschaft

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603 Unternehmer, die mehr als 20 Beschäftigte haben, wurden im Auftrag des Digitalverbands Bitkom zum Thema Digitalisierung und Wirtschaft befragt. Die Ergebnisse? Mehr als nur ernüchternd. Auch wenn man es schon vorher gewusst hat, aber es muss was passieren, damit Deutschland nicht endgültig den Anschluss an die Weltspitze verliert. Die deutsche und auch die europäische Politik ist gefordert. Einerseits muss das viel zu enge Regulierungskorsett gelockert werden, andererseits ist es notwendig, dass Investitionen, die notwendig sind, auch wirklich fließen.

82 Prozent sind der Meinung, die aktuelle Krise ist zum Teil aufgrund zögerlicher Digitalisierung entstanden

Tatsächlich mag es nicht überraschend sein, dass Deutschland Probleme bei der Digitalisierung hat. Die Politik agiert zu zögerlich und wenn dann neue Gesetze verabschiedet werden, verfehlen sie oft einmal die Wirkung. Ein gutes Beispiel mag der deutsche Glücksspielstaatsvertrag sein: Geschaffen 2021, um den Spielerschutz zu erhöhen, hat man dann ein Angebot ohne Live Casino und mit einem maximalen Einsatz von 1 Euro pro Spielrunde geschaffen und deutsche Systeme zur Überwachung namens LUGAS und OASIS geschaffen. Die Liste von Casinos ohne OASIS Spielersperre wird immer länger, weil die Nachfrage nach Anbietern steigt, die keine deutsche Lizenz haben – der Spielerschutz hat den Spielspaß zerstört. Zudem zeigt der Gesetzgeber auch kein Feingefühl: In Zeiten, in denen Live Casinos immer beliebter werden, werden diese in Deutschland verboten.

Es ist somit nicht überraschend, dass die deutsche Wirtschaft in Sachen Digitalisierung durchaus selbstkritisch ist: 82 Prozent der befragten Unternehmer haben angegeben, die aktuelle Krise der deutschen Wirtschaft sei auch aufgrund der zögerlichen Digitalisierung entstanden. Dass die deutsche Wirtschaft auch aufgrund der zu langsamen Digitalisierung Marktanteile verloren hätte, das glauben 73 Prozent. 78 Prozent sind der Meinung, ohne Digitalisierung werde Deutschland weiterhin einen wirtschaftlichen Abstieg erleben.

Jedoch gibt es das erste Mal eine Mehrheit mit 53 Prozent, wenn es darum geht, Probleme bei der Bewältigung der Digitalisierung zu haben. 2022 waren es 34 Prozent, 2023 39 Prozent und vor einem Jahr 48 Prozent.

Nicht einmal die Hälfte der Unternehmer sieht sich in der Vorreiterrolle

Gerade einmal 32 Prozent der Unternehmer haben angegeben, ihr Unternehmer sei ein Vorreiter in Sachen Digitalisierung – vor einem Jahr waren das 37 Prozent. 64 Prozent – im Vorjahr waren es 62 Prozent – gaben an, sie seien Nachzügler. 2 Prozent sind überzeugt, den Anschluss verpasst zu haben. Bei der Umfrage im vergangenen Jahr hat das kein Unternehmer von sich behauptet. Zudem sind 7 Prozent der Meinung, die Digitalisierung würde ihre Existenz gefährden (+ 3 Prozent).

53 Prozent der Unternehmer sehen Deutschland bei der Digitalisierung im Mittelfeld. 22 Prozent, also ein Fünftel, unter den Nachzüglern. 5 Prozent sind der Meinung, Deutschland sei bereits abgeschlagen.

13 Prozent sehen Deutschland hingegen in der Spitzengruppe und 1 Prozent als weltweit führend. Laut der Bitkom Umfrage sind die USA (23 Prozent) und China (20 Prozent) die Schwergewichte in Sachen Digitalisierung.

„Die Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt, sehen die Bedeutung der Digitalisierung und wollen mehr investieren – trotz schwieriger Konjunktur“, so Dr. Ralf Wintergerst, Präsident von Bitkom.

Deutsche Unternehmen und ihre Probleme mit digitalen Geschäftsmodellen

Die deutschen Unternehmen tun sich noch immer extrem schwer, wenn es darum geht, digitale Geschäftsmodelle zu schaffen. Auch wenn 46 Prozent der Unternehmer angegeben haben, das Geschäftsmodell habe sich aufgrund der Digitalisierung verändert, so haben aber nur 3 Prozent angegeben, die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle sei ihnen leicht gefallen. Umgekehrt haben 28 Prozent hingegen angegeben, die Entwicklung sei eher schwer gefallen – 23 Prozent gaben an, sie hätten sich sehr schwer getan und 31 Prozent haben gar keine digitalen Geschäftsmodelle schaffen können.

„Kaum eine Branche kommt noch ohne digitale Dienste aus. Es reicht künftig nicht mehr, das handwerklich beste Produkt oder eine solide Dienstleistung anzubieten, wenn sie nicht vernetzt ist oder zum Beispiel Daten zur weiteren Optimierung nutzt“, so Wintergerst.

7 Prozent der Unternehmen können mindestens die Hälfte aller Umsätze mit digitalen Produkten und Dienstleistungen generieren. In den nächsten fünf Jahren wird der Anteil auch nicht steigen. Einen Anteil von 30 Prozent bis 50 Prozent am gesamten Umsatz haben die Digital-Umsätze derzeit 19 Prozent der Unternehmen. Das Bild ändert sich auch hier nicht, wenn man nach den Erwartungen in fünf Jahren fragt: Auch hier gehen 19 Prozent davon aus, dass 30 Prozent bis 50 Prozent des Umsatzes durch Digital-Umsätze entstehen.

Am unteren Ende der Skala sieht es etwas anders aus: 13 Prozent haben gar keine Digital-Umsätze und nur 4 Prozent rechnen in fünf Jahren damit. 18 Prozent der Unternehmen haben einen 10%igen Umsatzanteil aus Digital-Umsatz. „Die Unternehmen lassen sich Zeit bei der Digitalisierung. Sie wollen sich schrittweise in die digitale Welt bewegen, nicht disruptiv. Wenn wir Anschluss an die Spitzengruppe halten wollen, müssen wir ehrgeiziger und schneller werden“, weiß Wintergerst.

„Digitalisierung gibt es nicht zum Nulltarif”

Auch wenn die Rezession anhält, wollen viele Unternehmen in digitale Transformationen investieren. 10 Prozent wollen deutlich mehr, 19 Prozent hingegen eher mehr für die Digitalisierung ausgeben als im Jahr 2024. Dabei lagen die Werte im Jahr 2024 bei gerade einmal 7 Prozent bzw. 14 Prozent – das heißt, deutsche Unternehmer sind bereit, nun etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen.

7 Prozent haben angegeben, weniger zu investieren – 2024 waren es noch 12 Prozent. 18 Prozent möchten etwas weniger investieren, somit wurde derselbe Wert aus dem Vorjahr erreicht. 42 Prozent wollen die Digitalisierungsinvestitionen konstant halten. 2024 waren es noch 48 Prozent. „Digitalisierung gibt es nicht zum Nulltarif und bei vielen Unternehmen ist das angekommen“, so Wintergerst abschließend.

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